Meine schönen Bergwanderungen.

- zum Nachmachen und zum Mitmachen
- kein gewerbliches Angebot

DAV-Wanderleiter
Hartmut Rencker, Mainz

Heilbronner Weg 2022
vom 12. - 15. September
Hartmuts letzte (?) große Nummer genau 8 Wochen vor Vollendung des achtzigsten Lebensjahres


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Der Bericht soll nur ein Stimmungsbild und Anregungen vermitteln, er kann und soll nicht Ersatz für einen Wanderführer und eigene präzise Vorbereitungen sein.

Wenn eine nicht mehr junge Wander- und Bergkameradin einen noch älteren Bergfreund bedrängt, kann sich ein anständiger Mann nicht auf Dauer versagen. Vor drei Jahren trat jene Frau (Maria) vertrauensvoll mit ihrem Begehren an mich heran. Bei einer gewerblich geführten Tour hatte sie Sorge, unter jungen Leuten überfordert zu sein. Maria wusste, dass ich den Heilbronner schon mehrfach in beiden Richtungen gegangen bin und fühlte sich bei mir gut aufgehoben. So ganz begeistert war ich nicht, zumal mein letzter Ritt ca. 15 Jahre her war. Und so kam nicht gleich etwas vom Fleck, dann kam Corona und dann wurde es höchste Zeit mit mir Veteran ganz knapp vor der Achtzig. Also jetzt oder nie. Gar nicht einfach war die Suche eines Termins wegen der infolge von Corona reduzierten Übernachtungsplätze auf den Hütten. Zwischenzeitlich waren wir auf vier angewachsen, natürlich alles bergerprobte Frauen. Wir kannten uns alle. Irgendwie stehe ich im Ruf eines Mädchenbetreuers, nicht das erste Mal. Und der Himmel hat mir/uns beigestanden und uns zwischen Dauerregen und Neuschnee drei ideale Tage beschert.

Die Anfahrt mit der Bahn zum Schnäppchenpreis war schon fast sportlich, in Ulm Umstieg im Laufschritt. Nicht anders mit dem minutengenauen Busanschluss zum Startpunkt Birgsau (949 m).

Volle Sonne, blauer Himmel. Eine kleine Besinnung in der Wendelinskapelle war geboten. Und der Anstieg über 1150 m bot uns schon vor der Hütte drei Einkehrmöglichkeiten. Die Touristenschwemme Einödsbach (1114 m) mit Blick in Richtung Waltenberger Haus und Allgäuer Hauptkamm verschmähten wir im Wissen, dass nach einer Stunde die Petersalpe (1296 m) uns Labung bieten würde. Siesta auf der von E-Bikern überfluteten Terrasse bei alkoholfreiem Weizenbier. Von da an gings auf guter aber feuchter Spur gleichmäßig und aussichtsreich bergauf zur Enzianhütte (1780 m) mit Sauna und Whirlpool für Übernachtungsgäste. Scheint heutzutage unvermeidlich zu sein. Natürlich kleine Einkehr mit Kuchen. Auf dem restlichen Weiterweg gibt es eine Schlüsselstelle, nämlich eine zu querende steile Schnee- und Eisrinne. Als Querungshilfe gab es einige mobile Leitern am unteren Ende der inzwischen gänzlich abgetauten Eisrinne, die wir dank völligen Abtauens im kleinen Bogen umgehen konnten. Leider haben wir ein Foto versäumt. Nach einer weiteren Stunde mit  Rückblick zur Enzianhütte war die hinter einem Geschiebewulst etwas verdeckte Rappenseehütte (2091 m) mit dem kleinen Rappensee erreicht. Der weitaus attraktivere Große Rappensee bleibt vielen verborgen. Man muss auf dem Geländewulst ca. 400 m laufen bis sich der Blick öffnet. Haben wir gerade noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang hingekriegt. Nach all der Anstrengung haben wir uns richtiges Männerbier erlaubt. Wir hatten ein nicht voll belegtes Bettenlager ohne Schnarcher.

Gut schlafen in der Höhe klappt nur bedingt. Dennoch waren wir nach eher unruhiger Nacht keineswegs platt und Fitness war für den Weiterweg gefordert. Zunächst eher grünes, erdiges Gehgelände, mit Rückblick zur Hütte, das dann immer grober und felsiger uns zur Aufstiegswand der Nordflanke des Hohen Lichts führte. Der ehemals feste und seilversicherte Steilaufstieg bis zum Querband des eigentlichen Heilbronner Wegs ist durch einen Bergsturz zu einem Trümmerhaufen geworden. Der Abzweig zum eigentlich vorgesehen gewesenen Hohen Licht war nicht erkennbar. Viel haben wir nicht versäumt. Mit Ausnahme des unteren Zustiegs geht es lediglich eine plattige Flanke unspektakulär zum Gipfel. Die so ersparte Zeit bot uns mehr Freiraum für den oft luftigen Weiterweg. Schnell war die schmale Felsspalte des Heilbronner Törls erreicht und bald deutete sich der Steinschartenkopf (2615 m) mit der bekannten Leiter und der direkt anschließenden Leiter-Brücke an. Absoluter Komfort. Und ein toller Panoramablick vom Biberkopf über den Widderstein, die Schafalpenköpfe bis zum Ifen und Gottesacker. In der Gegenrichtung die Lechtaler Gipfel. Es ist schwierig, den Weiterweg zu beschreiben, halt viel abi und wieder viel aufi und das mehrfach. Hinter uns der Steinschartenkopf und vor uns der  noch reichlich weite Bockkarkopf.  Den ersten Notabstieg ab der Socktalscharte (2446 m) zum Waltenberger Haus als unser Zwischenziel verschmähten wir. Vor dem Bockkarkopf musste noch ein (namenloser?) Zwischengipfel auf einer nur in der Ansicht gewagten Spur in plattigem Fels überwunden werden. Der Aufstieg beginnt  mit einem Abstieg. Bald war der der Bockkarkopf (2609 m) als aussichtsreichster Gipfel erreicht, die jugendfrische Heike zuerst. Rundumblick auf die nahe Mädelegabel und die Trettachspitze und weiter der Hochvogel bis hin zum Zugspitzmassiv, nicht zu vergessen die Front der Lechtaler Alpen. In der Gegenrichtung ging der Blick über den Hohen Ifen bis zum Bodensee. Reichlich tief lag das Waltenberger Haus unter uns. Der Gipfelabstieg war schnell abgespult, aber der Weiterweg bis zum Beginn des Abstiegs an der Bockkarscharte (2504 m) zog sich ziemlich hin. Nach kleinem Aufschwung ging es über 400 m hinunter, oben felsig mit vielen Seilsicherungen und dann noch ordentlich Geröll. Lange versteckte sich die erst wenige Jahre alte Fertigbau-Hütte. Erst kurz vor dem Ziel zeigte sich der Neubau mit ausgedehnter Terrasse, Gastraum mit Panoramafenstern und Vierer-Zimmerlagern, genau passend für uns. Eine Hütte, von der man gar nicht mehr weggehen möchte.

Für unseren zwar langen aber nicht mehr hochalpinen Restweg müssten wir wieder hinauf. Als Seniorentrupp haben wir uns erlaubt, die sportlichen Zeitangaben zu überziehen, zumal wir genug Zeit hatten. Hervorzuheben ist der zu einer zerfurchten nassen Eisplatte verkommene Schwarzmilzferner, den wir in freier Spurensuche leicht überqueren konnten. Es stellte sich noch die Frage, die Mädelegabel (2643 m) mitzunehmen. Hartmut war schon zweimal oben und wusste, dass nur der Zustieg ein Stück freie Felsenkletterei erfordert, dann felsiges Gehgelände. Die unentwegten Mädchen wollten es unbedingt wissen, ließen es im Anblick des Zustiegs dann doch bleiben. H. trottete langsam weiter. Bald wurde die Namensgebung der schwarzen Milz klar, nämlich blättriges und teilweise schwarzes Schiefergestein als verhärteter fossiler Faulschlamm. Die mal gemütliche und mal knorrige Spur führte hin zum traumhaft schönen Kratzerjoch als Aussichts- und Pausenplatz. Bis zum ersten Anblick der Hütte war es noch ein ziemliches Ende mit allerhand Abwärtsmetern. Aber der Wanderer vergisst den Rückblick nicht. Eindrucksvoll ist die Front von Hochfrottspitze, Mädelegabel und Trettachspitze. Auch auf der Kemptener waren wir ordentlich untergebracht. Wieder eine Vierereinheit mit Hartmut als Sittenwächter über drei große Mädchen.

Das Kaiserwetter war zu Ende. Nachts der erste heftige Schauer.Im Abstieg durch den engen und immer nassen Sperrbachtobel ist das Wetter ziemlich egal. Ab und an ein paar Nieseltropfen, aber kein Regen. Der kleinen Wegekapelle Maria am Knie machten wir unsere Aufwartung. Es folgte ein noch langes Stück in üppiger nasser Vegetation bis endlich der gemütliche Fahrweg im Tal erreicht war. Unvermeidlich war die Rast an der bewirtschafteten Alpe Oberau (1004 m) mit Rückblick auf die jetzt teilweise eingewölkten Berge. Der kurze Weiterweg nach der Touristenschwemme Spielmannsau führte uns an einer namenlosen (?) Wegekapelle vorbei, die als erste Modellvorstellung der Kaunergratkapelle diente. Für den Weg noch Oberstdorf gibt es mehrere Varianten. Natürlich wählte Hartmut als Kenner aller Steine von beiden Seiten den für unsere Gehrichtung attraktivsten Weg, also nicht durch den Auwald an der Trettach entlang sondern vorbei am ehemaligen VdK-Hotel, oberhalb vom Christles-See weiter bis zur großen Wegespinne am Golfplatz. Hier scharf rechts auf den nach Gerstruben führenden Fahrweg mit einem Rückblick in das Amphitheater der Berge. Dann nicht zurück zum Golfplatz mit Weiterweg zum Moorsee sondern weiter auf dem lieblichen Talweg, zuletzt noch etwas ansteigend zum inzwischen geschlossenen Cafe Kühberg mit Blick auf die nahen Schanzen. Schnell waren wir in Oberstdorf mit so ausgedehner Einkehr im Cafe Franziskus,  dass es nicht mehr zum Shopping reichte.

Auch die Rückfahrt gelang minutiös, wiederum im Laufschritt beim Umstieg in Ulm. Der reine Luxus war das geräumige bunte Kinder- und Familienabteil im ICE nach Mannheim.

Geschenkt war die Tour nicht. Hartmut als Altmeister wusste, dass es nicht mehr so leichtfüßig gehen konnte wie vor langen Jahren. Gerade bergab in grobem Gelände mit tiefen Tritten war das für den kurzbeinigen Veteran nicht mehr mit Abfedern zu machen. manchmal war es schon ein wenig Patschen und Aufstützen auf Krücken. Es war anstrengend, durchaus eine Herausforderung, aber für uns war es an keiner Stelle ängstigend, von Blasen oder Muskelkater sind wir verschont geblieben. Es war für uns alle ein traumhaftes Erlebnis, schon ein Geschenk. Und nach unserer Abreise Schneefall fast bis ins Tal. Fortsetzung unvermeidbar, dann aber ein Nummer verhaltener wie z.B. von Tannheim über den Jubiläumsweg und den Laufbachereckweg, wie in der hier verlinkten selbstschaltenden Fotoserie. Oder die leichte und doch erlebnisreiche Hüttenrunde von Baad über die Widdersteinhütte, Mindelheimer Hütte, Fiderepasshütte, Kanzelwand. Und wenn die größeren Nummern nicht mehr gehen, gibt es jede Menge attraktive Panoramawege und  Spazierwege im Tal. Der Großraum Allgäu ist ein Füllhorn. Reicht für ein ganzes Leben.

Respekt für meine Wanderfrauen, davon zwei satt über Sechzig und die jüngste und fitteste auch über Fünfzig.

Teilnehmer:
Hartmut Willibald  (Organisierer, Wegekenner, Redaktion)
Bettina
Heike
Maria

Kapelle-Oberau.jpg (258691 Byte)

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